Luzide Masturbation und Catwoman
Ich lag verschwitzt auf dem Bett meines Urlaubsapartments in Thailand. Ich hatte mich für ein paar Wochen mit meiner besten Freundin dorthin zurückgezogen, um Blogtexte zu schreiben und gemeinsam einen Workshop zu planen. Ich war beim Schreiben fleißig gewesen und gönnte mir jetzt eine ausgiebige Pause für die Selbstliebe. Draußen war es glühend heiß aber wie so oft erregt mich die Hitze.
Gerade als ich richtig in Fahrt kam, tauchte sie wieder auf. Davor war mein Kopf leer, meine Sinne waren ganz auf die Berührung und auf das Öl fokussiert, das ich gerade sanft über meine erogenen Zonen kreiste. Ausgerechnet jetzt kam sie wieder hereinspaziert – Catwoman. Naja, nicht ganz. Sie ist eine Art Chefin, die alles in der Hand hat. Doch ihre enganliegende schwarze Seidenbluse und ihr taillierter Bleistiftrock, samt schwarzer Strümpfe und High-Heels, glänzt wie ein Fetisch-Catsuit. Und wie alle Super-Heros, besitzt auch sie besondere Fähigkeiten – natürlich in sexueller Hinsicht. Sie kommt immer in dem Moment, wo die Kurve meiner Lust steiler nach oben geht, oft gänzlich ohne Einladung.
„Es ist doch seltsam,“ sage ich zu meiner Freundin später, als wir uns feierlich bei einem Glas Wein und gegrilltem Oktopus mit der Steigerung unseres Erfolges vom letzten Workshop beschäftigten – eine Tiefenforschung durch die Vielschichtigkeit der Kernfantasie-Theorie.
„Wie kommt es, dass diese sexy „Catwoman“ immer so entschlossen durch meine Fantasien stolziert? rätselte ich. „Ich gestehe, ich hatte einige eindrucksvolle Erlebnisse mit solchen Frauen, nicht zuletzt durch Hetaera. Ich bin aber selbst eine erfolgreiche, emanzipierte Geschäftsfrau mit besonderen sexuellen Fähigkeiten. Warum taucht also diese Catwoman mit ihrer Super-Power immer in meinen Fantasien auf, übernimmt die Führung und bekommt auch noch den Zugang zu meinem Unterbewusstsein – zu meiner geheimen, imaginären erotischen Welt.
„Ist es dir unangenehm, dass du nicht ohne Catwoman kommen kannst?“ fragt meine Freundin mit einem Augenzwinkern.
„Ein bisschen schäme ich mich schon dafür,“ sage ich, während ich ihrem forschenden Blick ausweiche.
„Genau! Die Scham. Sie müssen wir unbedingt einladen!“ rufen wir fast zeitgleich und schreiben „SCHAM einladen!“ ganz groß auf unseren Zettel. Jetzt planen wir aber erstmal, wie wir unseren Teilnehmenden luzide Masturbation näherbringen wollen.
Ähnlich wie „lucid dreaming“ (luzides Träumen), geht es bei der luziden Masturbation darum, das Unterbewusstsein wirken zu lassen, um dann eventuell bewusst in das Geschehen einzugreifen. Ein Dialog entsteht und die Gespräche und Eindrücke werden aufgeschrieben, ähnlich wie dem Traumtagebuch bei lucid dreaming – nur nicht direkt nach dem Aufwachen, sondern direkt nach dem Masturbieren. Oder sogar währenddessen, vorausgesetzt die Hände sind frei.
„Wer bist du? Wieso bist du da?“
Die „W“-Fragen sind ein guter Einstieg in den Dialog, der in dem von David Schnarch entwickelten Methode „Luzide Masturbation“ meistens mit einer zentralen Person in der Fantasie geführt wird. Neben dem „wieso“, „wie“ und „wer“, gibt es natürlich das „warum“.
„Warum tauchst du immer in entscheidenden Momenten als Mischung aus Catwoman und Chefin auf?“ frage ich die Frau in meiner Fantasie.
Ich staune über die klaren Antworten, die ich bekomme. Mein Hauptprotagonistin ist sehr gesprächig und scheint mich gut zu kennen. Das „Gespräch“ mit meinem Unterbewusstsein lindert auch etwas mein Schamgefühl und macht mich neugierig. Ich will aber nicht zu tief graben. Denn es sind oft die unverschämten Fantasien, die unsere Lust am meisten zünden und ich möchte nicht, dass meine Fantasie sich vor lauter Selbsterkenntnis auflöst und ich nur noch zu romantischen Naturkulissen masturbieren kann.
Apropos Romantik hatte ich mit meiner Freundin auch darüber diskutiert.
„Früher hatte Catwoman in meiner Fantasie sadistische Züge, aber heutzutage ist sie voll die Romantikerin. Sind meine Fantasien kitschig geworden?“ frage ich etwas beunruhigt.
Hauptsache sie macht dich genauso an wie vorher, auch wenn sie ihr Charakter geändert hat,“ lacht sie.
„Das tut sie tatsächlich, aber um herauszufinden, warum sie sich von Sadistin zur Romantikerin entwickelt hat, müsste ich schon wieder masturbieren,“ sage ich verschmitzt.
„Nicht vor dem Essen!“ mahnt sie.
„Na gut. Komm, wir stoßen an!“ lache ich. „Heute feiern wir schließlich unsere Super-Powers nicht ihre“.